Alles Leben ist Bewegung
Schuhe mehr lieben als Stühle,
Bewegung mehr als Besitz,
unterwegs nur wächst die Erfahrung von Menschen als Gefährten.
Gerhard Bernauer (links) mit seinem Freund Rudolf vor der Kathedrale von Santiago de Compostela, am Ende des Jakobsweges.
Dieser Dreizeiler von Andreas Knapp hat es mir angetan. Seit vielen Jahren bin ich – inzwischen als Pfarrer im Ruhestand in Offenburg lebend – auf den großen Pilgerwegen unterwegs gewesen. Auf den Jakobus wegen in Spanien, Portugal und Frankreich und im heimatlichen Kinzigtal und benachbarten Elsass, auf dem Franziskusweg in Italien, auf dem Olavweg in Norwegen, auf dem ökumenischen Pilgerweg durch die neuen Bundesländer und schließlich auf dem Jesustrail in Israel und Palästina. Und mehrmals im Jahr treffen sich Christen zum „ökumenischen Samstagpilgern“ und entdecken gemeinsam in der schönen Ortenau Wege und Kraftorte, die ich vorher schon mal aufgespürt habe.
Auf diesen Wegen kommt etwas in Gang, das man vorher weder planen und abschätzen kann. Jedesmal bin ich aufs Neue überrascht und beschenkt zugleich, was sich beim gemeinsamen Gehen alles in Bewegung setzt an neuen Einsichten. Bei den Pilgerwegen, die immer mehrere Wochen dauern, ist die optimale Zusam mensetzung für mich zu zweit und so sind wir – mein Freund und Klassenkamerad Rudolf und ich – immer wieder aufs neue gespannt, welche Ideen bei unseren angeregten Gesprächen auftauchen und allmählich Gestalt gewinnen, manchmal auch erst Wochen danach.
2014 war Maria Raab gestorben, mit der ich über vierzig Jahre in verschiedenen Gemeinden der Erzdiözese Freiburg zusammen war. Als Fachlehrerin für bildhaftes Gestalten war sie zugleich mit einem halben Deputat in hauswirtschaftlichen Schulen tätig und war bei den Schülerinnen wie im Kollegium sehr beliebt. Diese Kombination von Pfarrgemeinde und Schule war für alle Beteiligten sehr fruchtbar und anregend. Eine glückliche Fügung hatte uns zusammengeführt. Im gleichen Jahr sprach ich auf einem unserer Pilgerwege mit meinem Freund darüber, wie ich ihre finanzielle Hinterlassenschaft sinnvoll regeln könnte. Dabei brachte er mich auf die Idee, eine Stiftung zu gründen. Wieder zuhause griff ich diesen Vorschlag auf und nahm Kontakt auf mit der CaritasStiftung Deutschland. Die Jahresberichte von Caritas international kenne ich seit Jahren und bin immer wieder beeindruckt von deren weltweiten Aktivitäten.
Und so gründete ich 2015 zur Unterstützung der Notund Katastrophenhilfe von Caritas international die „MariaRaabStiftung“. Warum es gerade die Caritas ist, für die ich mich entschieden habe? Nun, mein Vater und meine Mutter haben bei der Caritas in Freiburg gearbeitet und sich dort kennen und lieben gelernt. Nach Kriegsende hatte mein Vater zunächst die Organisation der Schweizer Nothilfe geleitet, die Bedürftigen in Deutschland zugute kam. Danach übernahm er für viele Jahre die Leitung der CarirasPilgerfahrten zu den großen Wallfahrtsorten. Irgendwie schließt sich da für mich der Kreis.
Ich freue mich, dass diese Stiftung den Namen von Maria Raab trägt. Sie hat 1946 mit vielen anderen Donauschwaben das Schicksal geteilt, aus Ungarn nach Deutschland vertrieben worden zu sein. Mutter seelenallein musste sich die damals 12jährige zurechtfinden. Ihre Energie, ihre künstlerische Begabung und ihr fester Glaube haben ihr dabei geholfen und ihre Liebe zu den Schwachen in der Gesellschaft durch das ganze weitere Leben begleitet. Insofern passt diese Stiftung zu ihr. Ich werde diese Stiftung auch nach meinem Tod weiter unterstützen und somit setzen wir gemeinsam ein Zeichen der Solidarität.
Gerhard Bernauer